Zwischen Olympiakampagne und Offshore-Segeln

von Friederike Hiller

Sie hat die olympische Silbermedaille zur Kieler Woche im Gepäck, segelt auf der GC32 „Malizia I“ von Kiel nach Eckernförde und steckt mitten in den Vorbereitungen zur ersten Singlehand-Regatta: Susann Beucke ist zwischen Olympiakampagne und Offshore-Segeln angekommen und wird am 17. September bei der Silverruder starten.

 

Mit Autogrammkarten unterm Arm, einem Lachen im Gesicht und einer olympischen Medaille im Gepäck ist die 49erFX-Seglerin Susann Beucke aus Strande auf der Kieler Woche unterwegs. Hin und wieder wird sie angesprochen und ihr zu dem Erfolg in Tokio gratuliert. Der Terminkalender ist seit ihrer Rückkehr gut gefüllt – auch, weil sie selbst sich bereits neue Projekte gesucht hat: erst Silverrudder und dann Baltic 500 am 30. September.

Mit Mut und Eiern

Foto: Privat/Beucke

Den Flow, den es braucht, um mit gutem Gefühl erfolgreich zu segeln, den kennt Susann Beucke auch von den Kieler Woche Regatten. Doch in Tokio blieb dieser aus. „Es war eine schwere Regatta“, fasst die Stranderin rückblickend zusammen. „Wir sind nie richtig reingekommen.“ Das Gefühl, alles unter Kontrolle zu haben und dass es einfach läuft, kam nicht auf. Das Team Tina Lutz und Susann Beucke hatte zunächst mit der Hitze zu kämpfen. Dann mit den ständigen Kontrollen aufgrund der Corona-Situation. Die Konzentration auf das Segeln fiel schwer. „Es war doch anders, als wir es uns vorgestellt hatten.“ Dann das nächste Problem: Das Boot lief nicht. Der Ruderwinkel stimmte nicht. Es war das Event. Auf das hatten sie sich am besten vorbereitet. Und nun das… es lief nicht. Doch sie ließen sich nicht entmutigen und erinnerten sich an Santiago Langes Worte, als er das Boot getauft hatte. Auch ein Boot könne einen schlechten Tag haben und müsse dann unterstützt werden. Diese Sichtweise erleichterte es ihnen, mit der Situation umzugehen. Sie nutzen ihren Humor, lachten über das, was schief ging und zusammen suchten sie am 2. Segeltag nach einer Lösung aus dem mentalen Dilemma. Ein Telefonat mit der Mentaltrainerin brachte neuen Mut, symbolische Eier und mehr Risiko am Start. Denn es brauche viel Mut und Eier, um zu gewinnen und wer nicht Gas gebe, bleibe in der Beobachterposition. Also riskierten sie, gaben alles und wurden mit Silber belohnt. 

„Du kannst nur gewinnen, wenn du mutig bist und auf deine Fähigkeiten vertraust“, wurde zu ihrem Mantra. In den Momenten, in denen die Gedanken in Richtung Medaille schweiften, setzte Susann die Energie der Gedanken in Handlungen um. Nicht träumen, sondern etwas dafür tun, den Traum zu verwirklichen. Vollständig realisiert hat Susann Beucke ihre olympische Medaille noch nicht. Langsam kommt die Erkenntnis, wie diszipliniert und fokussiert sie die vergangenen Monate war. Auch ein Olympialoch komme nur sehr vereinzelt hervor. Wenn es aber kommen sollte, würde sie es begrüßen, sagt Susann schmunzelnd.

Foto: Privat/Beucke

Einhand statt Leere

Ein Grund, warum es nach dem Erreichen ihres olympischen Ziels, auf das Susann und Tina so lange hingearbeitet hatten, keine Leere gibt, liegt wohl auch daran, dass Susann relativ genau weiß, was sie machen möchte: Offshore-Segeln.

Die Medaille im Gepäck helfe bei neuen Projekten. Dass sie mit Boris Herrmann auf der GC 32 mitsegelt, war allerdings bereits vorher im Gespräch gewesen. Zunächst hatte sie eigentlich zu dieser Zeit in Frankreich sein wollen, um sich dort in der Offshore-Szene umzusehen. Aber die Termine vor Ort ermöglichten ihr dann auch als eines von fünf Crewmitgliedern auf der „Malizia I“ von Kiel nach Eckernförde zu segeln. „Sie foilt, ist schnell und rasant“, fasst Susann das Segelgefühl zusammen. „Jeder an Bord hat seinen Job, es gibt viel weniger zu tun.“ Sie war für den Großsegeltrimm zuständig. Nebenher liebäugelt sie mit Pinne oder Ruder. „Ich steuer auch gerne“, sagt sie. Nebenher stellt sie viele Fragen. „Ich kann direkt vom Profi (Boris Herrmann, Anm. der Red.) lernen.“ Dazu zählen beispielsweise Sponsorenpflege und die Organisation von Kampagnen.

Foto: Chrisian Beeck/ www.segel-bilder.de

Ein bisschen Abenteuer

Mit Blick auf die kommenden zwei Herausforderungen - Einhand beim Silverrudder und Zweihand bei der Baltic500 – wird die Frage spannend, was Susann mehr zusagt. „Ich bin eher der kommunikative Typ daher würde ich jetzt sagen, eher doppelhand.“

Zunächst geht es aber los mit der Einhand-Regatta. Ein bisschen Abenteuer, aber nicht ganz so gefährlich: Das erwartet Susann von der Silverrudder. „Ich habe richtig Lust drauf.“ Sowohl die Herausforderung als auch die Tatsache etwas zu machen, was sie bis dahin noch nie gemacht hat, locken sie. Auf der Seascape 18 wird sie keine Selbststeueranlage finden. Auch das eine Herausforderung. Momentan sei sie damit beschäftigt, Sicherheitsausrüstung und Material zu beschaffen. „Zehn Prozent der Vorbereitungen sind abgeschlossen.“ Und erneut diszipliniert sie sich. „Ich trinke jetzt keinen Kaffee mehr“. Der Boost des Koffeins soll vor der Müdigkeit auf der Strecke schützen. „Flaches Wasser, mittlerer und böiger Wind“, das wünscht sie sich an Bedingungen. So lasse sich am ehesten das Zeitlimit schaffen, zwischendurch Zeit finden, etwas zu essen oder zu trinken und durch böige Bedingungen könne sie vielleicht taktische Überlegungen auszuspielen. Aus dem olympischen Segeln bringe sie 20 Prozent der Eigenschaften mit, die sie brauche, schätzt Susann ein. Das erste Mal auf die Seascape 18 wird sie wohl zwei Tage vor dem Start kommen. Die Zeit bis dahin nutzt sie, um Infos über das Boot und von Offshore-Seglern zu sammeln.

Foto: Christian Beeck / www.segel-bilder.de

Auch wenn es sich Susann ohne Tina noch nicht vorstellen kann, sie freut sich auf diesen interessanten Abschnitt, der nun kommt. „Alles ist offen.“ Und egal, ob Paris 2024 vielleicht eine Option sein könnte, die EM in Aarhus im nächsten Jahr wollen die beiden auf jeden Fall segeln.

Bildnachweis Titelfoto: Ricardo Pinto

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