Kitesurfer kämpfen weiter
von Friederike Hiller (Kommentare: 3)
„Keine Einigung, keine Annäherung“, so fasst Bernd Himmer, Bereichsleiter spezielle Segeldisziplinen beim Deutschen Segler-Verband (DSV), das Gespräch zwischen Umweltminister Robert Habeck (Grüne) auf der einen und GKA, DSV, VDWS, betroffenen Vereinen sowie dem bundesweiten Netzwerk Love it like a local auf der anderen Seite zusammen. Die Vereine und Verbände haben ihre gemeinsame Position bekräftigt: Keine Kite-Zonen und –Verbote!
Beide Parteien bleiben auf ihrer Position. Laut Stellungnahme der Vereine und Verbände habe „Habeck im direkt folgenden Umwelt- und Agrarausschuss zwar angekündigt, nun von der Sprachregelung eines ,generellen Verbotes’ für die Sportler abzusehen, dann aber doch im Ausschuss mitteilt, an Verbotszonen festhalten zu wollen.“ Denn mit der Feststellung Habecks, dass es kein 100 prozentiges Verbot gibt, könne der Minister trotzdem auf 98 Prozent beharren, so Himmer.
„Es macht keinen Sinn, mit Herrn Habeck über Kitezonen, Erlaubnis oder Verbot zu sprechen, solange Kitesurfen nachweislich immer noch eine der geringsten Störungen auf dem Wasser, wo man surft, ausmacht. Er ist es nach wie vor schuldig, das Gegenteil zu beweisen. Kann er es nicht, bedarf es auch keinerlei Zonen oder ähnlichem“, heißt es in der Stellungnahme.
Gutachten: Kitesurfer stören nicht
„Es sind Behauptungen. Belege, bleiben aber aus“, bekräftigt Himmer. Neben Profi-Kiterin und Biologin Christine Bönniger hatte sich auch Himmer in die Gutachten, die teilweise von den Naturschutzverbänden in Auftrag gegeben wurden, eingearbeitet. Sein Fazit deckt sich mit dem von Bönniger und weiteren, die sich die Gutachten genauer betrachtet haben. Demnach können die Gutachten keine Scheuch-/Störwirkung des Kitesurfens belegen. Im Gegenteil - Kitesurfen zeigt sich in den Studien als ein geringer Störfaktor - und zwar um ein Vielfaches geringer als es Spaziergänger mit/ohne Hund darstellen. „Wenn es in wirklich schutzbedürftigen Bereichen ein Verbot für alle gibt, spielen auch Wind- und Kitesurfer mit, keine Frage“, so Himmer.
„Das MELUR (Ministerium für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume) konnte auch nach einem fast dreistündigen Gespräch keinen plausiblen Nachweis über Störungen der Tier- und Pflanzenwelt durch Kiter vorbringen. Eine Begründung, für die von Minister Dr. Habeck geforderten Kitezonen, steht somit immer noch aus“, argumentieren Vereine und Verbände.
Ausgewiesene Schutzzonen ja, spezielle Kitezonen nein
Die Schweiz hat seit Mitte Februar ihre Befahrensverordnung ganz im Gegensatz zu den momentanen Bestrebungen in Schleswig-Holstein zum Vorteil der Kitesurfer verändert. Dort gibt es keine generellen Verbote mit Ausnahmebereichen mehr, sondern eine generelle Erlaubnis mit ausgewiesenen Verbotszonen für alle Wassersportarten für den Vogelschutz.
Das ist eine Lösung, mit der auch die Kitesurfer in Deutschland einverstanden wären. So könnten Schutzgebiete mit Bojen abgetrennt und für alle Wassersportarten gleichermaßen als „nicht befahrbar“ gelten. Auf diesen Vorschlag ging das Ministerium bisher nicht ein. Der Aufwand wäre größer, die Umsetzung teurer als ein generelles Verbot, erklären sich das einige Akteure.
„Eine neue Befahrensverordnung auf Basis einer fragwürdigen wissenschaftlichen Grundlage zu erstellen, ist für die vertretenden Vereine und Verbände nicht nachvollziehbar. Solange dieser Nachweis nicht erbracht ist, gibt aus Sicht der Verbände keinen Grund über spezielle Zonierungen und Verbote ausschließlich für Kite-Surfer zu diskutieren“, wird in einer Pressemitteilung klargestellt. Und diese neue Befahrenverordnung würde weitere Beschränkungen erleichtern. „Niedersachsen ist da ein schlechtes Vorbild“, erklärt Bernd Himmer. Dort werden die Zonen für Kitesurfer immer weiter beschränkt.
Auch die Ostsee kein Kiterevier mehr?
Doch die Diskussion umfasst auch die Ostsee. Am 1. März ist ein Treffen auf Fehmarn vorgesehen. In diesem Fall mit Vertretern von Vereinen und Verbänden und Wirtschaftsverbänden.
„Nach Wunsch des Ministeriums betroffen sind die Naturschutzgebiete „Grüner Brink“ und „Krummsteert-Sulsdorfer Wiek/Fehmarn“ sowie Teile des Naturschutzgebietes Graswarder in Heiligenhafen“, schreiben die Lübecker Nachrichten. Hinzu kommen sechs kleiner Gebiete. Unterschiedlich sei, ob eine neue Regelung der Befahrensverordnung des Bundesverkehrsministeriums ein ganzjähriges Verbot oder nur Schutzzeiten im Winter oder Sommer vorsieht. Die LN zitieren Ministeriums-Sprecherin Nicola Kabel „Aktuell müssen die Managementpläne erarbeitet werden, damit hier die EU-Vorgaben besser eingehalten werden können.“
Widerstand regt sich auch bei der Entwicklungsgesellschaft Ostholstein (EGOH). Sie wirbt beispielsweise mit dem neuen Magazin Ride – das beispielsweise Spots zum Surfen vorstellt – für den Wassersport in der Region.
Mitsprache? Fakten geschaffen
Während nun die Verbände und Vereine darauf warten, eine „plausible, evidente und auch für die Öffentlichkeit verständliche Begrundung“ zu erhalten, „warum es dem Minister so wichtig ist, dass es spezielle Kitezonen gibt“, erhielt Bernd Himmer einen Hinweis zum weiteren Vorgehen. Nach Fertigstellung des rechtlichen Papiers, wolle Habeck noch einmal mit den Vereinen und Verbänden sprechen. Dann habe der Umweltminister allerdings schon Fakten geschaffen, erklärt der DSV-Bereichsleiter.
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