Abbau, Aufslippen, Auswassern
von Friederike Hiller
Steife Brise, stürmische Zeiten oder doch nur heiße Luft? Bevor Winterstürme über Meer und Land fegen, bringen Segler ihre eigenen und die Vereinsboote in Sicherheit. Für manch einen bedeutet dies kein seichtes Unterfangen.
Die Überbleibsel des letzten Regengusses tropfen von der Persenning, der Sand ist aufgeweicht, der Himmel grau verhangen. Die Oktoberwochen werden noch einmal hektisch, bevor endgültig wieder Ruhe am Strand und im Hafen einzieht – lediglich unterbrochen von kreischenden Möwen und dem Heulen der Herbststürme.
Reibungslos?
Heftige Diskussionen hier, gelassene Arbeitsstimmung dort – für Bootsbesitzer ist es Zeit, ihr noch schwimmendes Gefährt an Land zu bringen oder am Strand lagernde Boote und Katamarane ins Winterlager zu befördern. Die Kräne im Hafen laufen auf Hochbetrieb. Masten müssen gelegt, die Boote aus dem Wasser und auf den Trailer gehoben werden, bevor ein Traktor sie zu ihrem Platz in der Halle oder unter freiem Himmel bringt und dort die Winterarbeit auf den Segler wartet. Ob nur zu zweit oder mit der ganzen Crew, die Abstimmung stimmt, der Ablauf funktioniert reibungslos und die Stimmung ist entspannt, oder?
Scharfe Worte oder hektisches Gebrüll erklingen von Zeit zu Zeit und lassen bei manch einem die Stimmung kippen. Jeder weiß es besser, aber trotzdem hakt es. Schuldzuweisungen sind schnell gefunden, der gemeinsame Tag mit Boot wird anstrengend. Doch sobald das Boot seinen Platz erreicht hat, zieht auch hier der Sturm vorbei.
Mit Bürste und Charakter
Kleinere Vereine sind froh um jede helfende Hand. Katamarane werden auf Trailer gehoben, mit Traktor vom Strand gezogen, um dann zunächst gereinigt zu werden, bevor sie ins Winterlager gebracht werden. Auf- und Abladen, festzurren, Funktionstüchtigkeit überprüfen. Akribisch wird bis ins Detail gearbeitet, damit im kommenden Jahr dem Segelspaß nichts im Wege steht. Jeder hat seine Aufgabe. Mit Schwamm, Bürsten und Hochdruckreiniger verschwindet der Schmutz der Saison, strahlend weiß präsentieren sich die Rümpfe. Und wie so oft, wenn Gruppen aufeinander treffen und eine Aufgabe erledigen wollen, prallen Vorstellungen, Wünsche und Charaktere aufeinander. Es wird gemeckert und geschimpft, auf das Material oder den Menschen. Aber auch mit einem gelassenen leichten Lächeln einfach stoisch die Arbeit erledigt. Denn so laut der Sturm auch kurzfristig aufheulte, letztendlich ist er schnell vorbeigezogen und hat sich eher als heiße Luft denn als schwerer Sturm entpuppt. Das Lachen erklingt wieder, die Minen hellen sich auf und das Gruppengefühl überwiegt.
Die Natur für sich
Geräumt ist dann der Strand, verlassen die Stege, Poller strecken ihre hölzernen Köpfe einsam in die Luft. Nur an ihrem unteren Ende ist noch Aktivität zu spüren, Muscheln, die sich festsetzen, Quallen, die vorbeiziehen, Fische, die die Ruhe im Hafenbecken genießen.
Bildnachweis Titelfoto: Michael Mueller/flickr.com (CC BY 2.0)