Wassersport im Einklang mit der Natur

von Friederike Hiller (Kommentare: 1)

Zwei feste Positionen, dazwischen viel Spielraum für Kompromisse. Umweltminister Robert Habeck suchte mit Vertretern aus Wassersportverbänden, Kiteschulen und dem Love it like a local Netzwerk Lösungen, wie sich Naturschutz und Kitesurfen vereinbaren lassen. Einigkeit und der Wille zur Zusammenarbeit herrschte auf der Informationsveranstaltung in Heiligenhafen vor allem in Sachen Aufklärung und Information. Kitesurfer, Touristik, Umweltminister und Naturschutzorganisationen sahen das als wichtigen Bestandteil einer Lösung im Konflikt um Schutzzonen an. Der Wille, bei der Ausarbeitung zusammenarbeiten zu wollen, wurde bekräftigt.

Gleichstellung aller Wassersportler

Auch im zweiten Punkt gab es einen Konsens: Eine freiwillige Vereinbarung in zwölf Vogelschutzgebieten schriftlich festzuhalten. Trotzdem fiel das Fazit von Umweltminister Robert Habeck (Grüne) nach der Veranstaltung nur verhalten optimistisch aus.

„Ich bin halb zufrieden“, sagte Habeck im Anschluss an die Veranstaltung. Er sehe die Möglichkeit, weiter zu kommen. Da in zwei Dritteln der Problemfälle, eine Lösung machbar sei. In der Sache sei bereits nach einer Stunde diese greifbar gewesen. Dann habe sich eine schlechte Dynamik entwickelt. So interpretierte er die Aussagen einiger Akteure als, „dass es eine Lösung gibt, ist das Problem.“ Damit spielte Habeck auf Wortbeiträge an, die generell keinen Verboten zustimmen, sondern auch in den Naturschutzgebieten auf Aufklärung und freiwillige Vereinbarungen setzen wollen.

„Wir lassen uns von den letzten Äußerungen nicht entmutigen“, sagte Walter Mielke vom Deutschen Segler Verband (DSV). Er war positiv gestimmt. Denn es wurden durchweg alle Wasserportarten gleichgestellt. „Es gibt keine Sonderregelung für den Kitesport“, hatte Habeck gleich zu Beginn der Veranstaltung erklärt. Und auch Reinhard Schmidt-Moser, Referatsleiter Artenschutz beim Ministerium für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume (Melur), sagte: „Es ist den Vögeln völlig egal, wer sich da auf dem Wasser bewegt.“ Es erfolgte also keine Fokussierung auf Kitesurfer, was eine essenzielle Forderung der Verbände war. „Der Minister hat geliefert, das müssen wir sagen“, freute sich Matthias Regber vom DSV über die Aussagen des Ministers.

Motorsport in Port Olpenitz brachte den Anstoß zur Befahrensverordnung

Robert Habeck erklärte, was den Anstoß zum Antrag an das Bundesministerium für Verkehr auf Erlass einer Befahrensverordnung für die Wasserflächen der Bundeswasserstraße Ostsee gegeben hatte. Der Tourismus habe den Wunsch geäußert, dass in Port Olpenitz Motorwassersport betrieben werden kann. Dazu sei die Verordnung nötig. Und im Zuge der Ausarbeitung des Änderungsantrages wurden auch die Naturschutzgebiete mit einbezogen. Vorgesehen ist, dass sie Mitte 2016 in Kraft treten soll, wie Reinhard Schmidt-Moser erklärte.

Schutzzonen und freiwillige Vereinbarungen

In neun Naturschutzgebieten soll künftig keine Art von Wassersport mehr betrieben werden. Eine Ausnahme gibt es: die Seekajaks. In zwölf FFH- und Vogelschutzgebieten soll es eine freiwillige Vereinbarung und ein Frühwarnsystem analog zu dem der Fischer geben. „Wenn im Winter Tauchenten da sind, werden keine Stellnetze ausgebracht“, erklärte Habeck. Über eine Internetseite für Fischer erfahren diese, wann die Tauchenten vor Ort sind. Habeck schlug vor, dieses System eins zu eins für die Kitesurfer zu übertragen. Zwischen dem 16. November und Ende Februar würde es ein Signal geben, jetzt sind die Enten vor Ort. Diese Vereinbarung sei die mildeste Form, da sie nicht sanktionierbar ist und würde eine Gleichbehandlung von Freizeitsport und Fischerei mit sich bringen. Das System lasse sich im Idealfall auf alle Wassersportarten übertragen. Die Idee begrüßten die Kitevertreter. Moritz Brameier, Vorsitzender von Love it like a local, und Martin Motzek, Fördekiter e.V., brachten Vorschläge für die Ausgestaltung ein, beispielsweise die Einbindung auf der Internetseite Windfinder oder Warn-SMS. „Der Fantasie sind bei der Ausgestaltung keine Grenzen gesetzt“, erklärte Habeck.

Wie oft komme so eine Warnung vor, wollte Matthias Regber, Vorsitzender des Ausschusses fur Wind- und Kitesurfen beim Deutschen Segler-Verband (DSV), wissen. „Man muss damit rechnen, dass es jedes Jahr sein kann“, so Habeck. „Das hängt aber vom Wetter ab und der Zeitraum, in dem die Vögel da sind, kann sich verschieben.“

„Das Schutzzonen-Konzept kombiniert in optimaler Weise den lokalen Schutz mit allgemeinen Nutzungs- und Entfaltungsmöglichkeiten. Nur durch die Gleichbehandlung aller potenziellen Störquellen ist wirklich nachhaltiger Schutz sichergestellt. Eine solche Lösung lässt sich perfekt auf alle Gebiete wie Ostsee, Nordsee und Binnenreviere übertragen“, zeigte sich Regber mit der Lösung aus Schutzzonen und freiwilligen Vereinbarungen zufrieden.

Naturschützer fordern mehr Verbote

Deutliche Bedenken gegen eine freiwillige Vereinbarung äußerte ein Vertreter des Nabu. Es komme doch auch im Straßenverkehr niemand auf die Idee, auf freiwillige Vereinbarungen zu setzen. Besonders unter den Kitern sehe er viele, die sich nicht binden lassen würden. Und der Bestand in der Vogelwelt erlebe einen Abwärtstrend. Er setzte sich für mehr Verbote ein. Tobias Langguth, zuständig für Artenschutz beim BUND, schlug versöhnlichere Töne an, machte aber auch klar, dass es nicht die Surfer und die Umweltschützer gebe und daher er eher zu Verbindlichkeit tendiere. „Ich mache keine Nabu-Politik“, stellte Habeck fest, er möchte eine vernünftige Lösung finden, die für alle akzeptabel ist. Heiko Müller, Heiligenhafens Bürgermeister, griff den Verkehrsvergleich auf. Denn an Tempo-30-Zonen halte sich auch niemand. Er lehnte Verbote ab, Aufklärung und aufeinander achten, bringe mehr.

Kitesurfer setzen auf Aufklärung und Information

Ob nun Verbote praktikabel sind, da zu wenig Präsenz der Wasserschutzpolizei zu erwarten sei, oder in allen Gebieten eine freiwillige Vereinbarung besser umsetzbar wäre, wollten insbesondere Kiteschulbesitzer und Jens Meyer, Entwicklungsgesellschaft Ostholstein mbH EGOH, wissen. Mit Aufklärung werde mehr erreicht als mit Verboten. Habeck sah ein, dass die Surfer vor Ort ihre Gebiete kennen und Naturschutzräume achten. Dies treffe aber nicht für Auswärtige zu. Ebenso sehe er das Problem, dass die Kitesurfer dann für alle, beispielsweise auch die Motorsportler, die Garantie geben müssten, dass sich alle daran halten. Auf seine Nachfrage, ob einer der Kiteschulbesitzer durch die Errichtung der Schutzzone in seiner Existenz bedroht sei, gab es keine Wortmeldungen. „Von oben aufoktroyiert“ und nicht mit ins Boot genommen, fühlten sich einige. Die Naturschutzgebiete nicht zu schützen könne er nicht, dann wäre er nicht mehr der Naturschutzminister, entgegnete Habeck. Dass Surfer keine Rowdies sind und ihnen der Naturschutz sehr am Herzen liegt, stellten die Kiter noch einmal klar. „Niemand von uns will der Natur, immerhin unser Wohnzimmer, etwas zuleide tun“, betonte Moritz Brameier. Um dieses zu erreichen, hatten die Anwesenden noch einmal ihre Bereitschaft zu einer gemeinsamen Informationskampagne bekräftigt.

Die Bedenken, dass es ein schleichender Prozess ist, der den Wassersport immer mehr beschneidet, setzte Habeck das Angebot entgegen, dass die freiwillige Vereinbarung schriftlich festgehalten wird, damit auch nach Wahlen eine Sicherheit gegeben ist. „Verträge und Vereinbarungen haben eine hohe Bindekraft auch von Nachfolgern“, so Habeck.

Kitesurfverbände und Minister in einem Boot

„Nachhaltiger Naturschutz funktioniert nur dann, wenn man um Verständnis auf den Seiten wirbt. Dann kann man was schaffen“, so Regber. „Das Kiteverbot ist vom Tisch. Es ist eine echte Zäsur, weg von Gebotszonen, hin zu Verbotszonen, wo es begründet ist. Wir sind gerne mit im Boot.“

Habeck lud die Anwesenden ein, gemeinsam an der Umsetzung der freiwilligen Vereinbarung zu arbeiten. Miteinander und nicht Gegeneinander soll nun das Motto sein. Künftig ist Walter Mielke vom DSV der Sprecher der Kitesurfer und wird sich mit Habeck zusammensetzen. 

 

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