Masse statt Klasse?
von Friederike Hiller
Der Helga Cup wurde als weltgrößte Frauenregatta angepriesen. Jedefrau durfte segeln. Der sportliche Ehrgeiz war da. Doch werden die segelnden Frauen auch als Regattaseglerinnen ernst genommen oder eher belächelt?
Acht Rennen gewonnen, zwei zweite Plätze, im Finale mussten sie sich knapp geschlagen geben und landeten auf dem zweiten Rang. Das HSC (Hamburger Segel-Club) Women’s Team segelte beim Helga Cup auf der Alster eine astreine Serie – doch Freude kam nur verhalten auf.
Unvollständige Pairinglisten
„Wir sind ein bisschen enttäuscht“, erklärt Luisa Krüger. Damit ist nicht der zweite Platz gemeint. „Die Pulvermädels haben die Windböe besser gesehen als wir und verdient gewonnen“, zollt ihnen die Seglerin fairen sportlichen Respekt. Fairness ist allerdings abseits der Regattabahnen nicht immer anzutreffen gewesen. Der Wind blies, auf ihn war verlass, doch es hakte an anderen Stellen. Beispielsweise bei den Pairinglisten. Nicht immer waren alle Boote pro Rennen besetzt, da einige Crews fehlten. So kam es dazu, dass es nicht nur glatte Punkte für die ersegelten Platzierungen sondern auch Kommastellen gab, die zu nicht ganz fairen Vergleichen führten.
Ziel: Fair segeln
Zudem seien die J70 Boote sehr unterschiedlich gewesen. Auch im Finale hatten nicht alle die gleichen Segel. Ein Umstand, der zu Unmut führte und die Frage aufkommen ließ, ob man die Frauencrews als Seglerinnen wirklich ernst nehme. Denn eigentlich wollen alle Teams nur eins: Fair segeln.
Seglerisch konnte das HSC Women’s Team die Bedingungen gut lesen und genoss es, den Gennaker einsetzen zu dürfen. „Der Helga Cup hat sich entwickelt. Es wurde auf drei Bahnen gesegelt und das war ganz gut“, so Luisa Krüger. Lob gab es auch für das Bootsmanagement. Es habe immer ein Ersatzboot bereit gelegen. Und die Wettfahrtleitung sei top gewesen. Aber vor allem auch für den Physiotherapeuten Oliver Thies, der die Seglerinnen betreute.
Mehr internationale Teams am Start
Bereits im Vorfeld der Veranstaltung war die Vorfreude und das Engagement beim HSC Women’s Team groß gewesen. Schnell war klar, dass sie wieder in derselben Konstellation segeln wollten. Sie organisierten die Auftaktveranstaltung mit, investierten viel Zeit. Und sahen sich so auch mit als Teil der Veranstaltung. „Cool war auch, dass ein paar internationale Teams dabei waren“, freuten sie sich über den Zuwachs an Seglerinnen.
Zielsetzung des Helga Cups
So waren wieder sowohl komplette Regattaneulinge als auch Bundesligaseglerinnen am Start. Die Anzahl der Meldungen war dementsprechend hoch. Aber es stellte sich auch wieder die Frage der Zielsetzung des Helga Cups: Masse statt Klasse?
Bildernachweis: Philipp Mann
Kommentar der Autorin
Ungleiche Ausstattungen trotz Einheitsklasse J70 – das wirft nicht nur bei den Seglerinnen Fragen auf. Es ist eine Regatta für jedefrau. Also sollen Regattaneulinge gegen erfahrene Seglerinnen starten. Doch auch, wenn die Voraussetzungen unterschiedlich sind, ist ein fairer Vergleich trotzdem wichtig. Das Event ist zudem als Regatta ausgeschrieben, nicht als reine Spaßveranstaltung – daher sollte auch auf Standards wie beispielsweise vorhandene Segellatten oder Regattasegel geachtet werden. Die Regatta soll laut Veranstalter nicht nur mehr Frauen aufs Wasser bringen und Regattaluft schnuppern lassen sondern auch zeigen, dass diese segeln können. Und das können sie! Ob auf Jollen, Skiffs, Kielbooten oder im Dickschiffbereich überall sind sie zu finden, die Frauen, die Weltklasseseglerinnen sind – oder die sozusagen ganz im Stillen zeigen, dass Frauen als Seglerinnen ernst genommen werden sollten.
Wer steckt hinter dem Helga Cup, abgesehen von den vielen Helfern, die auch weiblich sind. Der Vorsitzende des NRV – ein Mann. Der Initiator des Helga Cups – ein Mann, die Kommentatoren der Rennen – zwei Männer, der Moderator, der Interviews an Land führt – ein Mann. Alle, die also das Segelgeschehen analysieren, ihr Wissen anbringen oder den Frauen eine Segelplattform bieten wollen sind Männer. Wenn dann noch während der Regatta die Frauen belächelt werden, die anmerken, dass es bei ungleichem Material keine fairen Bedingungen sind, stellt sich die Frage: Wie ernst nehmen die Männer der Veranstaltung eigentlich die Seglerinnen? Bieten sie ihnen nur gönnerhaft eine Plattform zum Netzwerken und Segeln, weil diese dafür die männliche Führung vermeintlich brauchen?